Erlebnisse aus meinem Dornröschengarten - Folge 24

05. January 2021, Garten-Kolumne Ulrike Kraft-Reimers,

 

Sicherlich kennen Sie alle folgendes Phänomen: Da verteilt man ein paar Meisenknödel in diversen Sträuchern, füllt das Depot des Vogelhäuschens mit neuen Sonnenblumenkernen und doch ist kein Vogel weit und breit zu sehen. Aber kaum ist man wenige Sekunden später im Haus und guckt aus dem Fenster in Richtung Futterstelle wimmelt der ganze Garten nur so von hungrigen Vögeln, die sich über das neue Futter hermachen und sich um die besten Körner zanken ... Ich frage mich: Wie machen die Burschen das nur? Haben sie Späher abgestellt, die sofort Alarm schlagen, wenn sich jemand am Vogelhaus zu schaffen macht oder lauern sie die ganze Zeit gut versteckt hinter irgendwelchen Büschen um sofort zuzuschlagen, wenn man sich nach der Futterverteilung umdreht? Ich bin jedenfalls immer wieder erstaunt, dass sie erst nicht zu sehen und plötzlich blitzschnell zur Stelle sind. Und wo sie überall die Schalenreste und Körner verteilen. Der ganze Garten liegt voller Sonnenblumenkerne, von denen aber nie welche keimen. Schade eigentlich, denn mit Sonnenblumen habe ich irgendwie kein Glück. Ganz im Gegensatz zu Weizen- und diversen Kohl- und Kressekeimlingen, die vor allem in den preiswerteren Vogelfuttermischungen enthalten sind und an den unmöglichsten Stellen im Garten auftauchen. Die Früchte unserer Pfaffenhütchen und vor allem die Beeren unseres Efeus scheinen nach dem ersten Frost besonders lecker zu sein und durch die gute Verdauung unserer gefiederten Freunde keimen in jedem Frühjahr Unmengen der von mir unerwünschten Sämlingen unter unseren großen Bäumen, in denen die Vögel schlafen und brüten. Um diese Jahreszeit, wo alle Beete bis auf die ersten Winterlinge, Schneeglöckchen und Helleborusblüten noch ziemlich kahl sind, mache ich immer Jagd auf diese Sämlinge, die sich im ersten Jahr noch gut entfernen lassen. Je älter sie sind, desto schwerer lassen sie sich herausziehen. Immer wieder finde ich auch ganze Wälder von kleinen Eichen- und Kirschbäumchen. Da haben dann wohl fleißige Mäuse einen Wintervorrat angelegt und vergessen. Im Wald ist das Ganze ja sehr praktisch, aber in meinen Beeten finde ich das nicht so toll. Also raus damit! Seit ein paar Jahren tauchen nun kleine Bäumchen auf, die ich erst nicht so recht identifizieren konnte, aber beim Ausgraben war schnell klar, das es sich um kleine Walnussbäumchen handelte. Wie kommen denn auf einmal Walnussbäume in meinen Garten? Ja, klar, ein Eichhörnchen hat sie hier als Vorrat vergraben und nicht wieder gefunden, aber in unserer näheren Umgebung gibt es gar keine Walnussbäume, nur am anderen Ende des Dorfes und das ist eigentlich zu weit weg, um die Nüsse ganz hierher zu schleppen. Vor ein paar Tagen habe ich dann überall im Garten winzig kleine Walnüsse entdeckt. Reste vom Weihnachtsteller, die ein Nachbar entsorgt hat? Aber wer kauft sooo kleine Nüsse? Jetzt war ich neugierig und nachdem ich ein paar Nachbarn auf die Nüsse angesprochen hatte, war das Rätsel schnell gelöst: Einer von ihnen arbeitet stundenweise in einem Hofladen, in dem die selbstgeernteten Walnüsse verkauft werden. Die kleinen Nüsse, die niemand möchte, darf er mit nach Hause nehmen, um die vielen Eichhörnchen in seinem Wäldchen zu füttern, die er so putzig findet. Scheinbar ist das Nussangebot so groß, dass die Eichhörnchen inzwischen sehr großzügig mit ihrem Futter umgehen können und die Nüsse überall verteilen, ohne sie noch einzugraben. Meine ausgegrabenen Bäumchen habe ich eingetopft, um sie im nächsten Jahr in den umliegenden Knicks einzupflanzen, denn im Garten werden sie mir zu riesig. Irgendwann gibt es bei uns in der Gegend also vielleicht – Dank der fleissigen Eichhörnchen – ganz viele Walnussbäume.