Mein Landleben - Folge 22: Hubert und das große Geld
02. November 2015, Harriet Heise - Mein Landleben,

Es könnte sein, dass dies eine der letzten Kolumnen ist, die Sie von mir lesen. Ich werde wahrscheinlich in ein ganz neues Geschäftsfeld einsteigen und in absehbarer Zeit sehr wohlhabend werden. Jetzt sind Sie natürlich gespannt. Was für eine Idee mag das sein, mit der die Frau schnell viel Geld verdienen will? Ich kann Ihnen nur sagen, es ist ein etwas unappetitliches Geschäft – aber scheint mir enorm erfolgversprechend.
Ich fange am besten ganz von vorn an. Ich habe einen neuen sehr hübschen Hund. Der heißt Hubert – der Name ist aber für meine Geschäftsidee völlig irrelevant. Hubert ist sehr jung. Er kam als neun Wochen alter Welpe zu mir. Und ich habe ihn vorschriftsgemäß auch mit einem hochwertigen Welpenfutter ernährt, das mir empfohlen wurde. Und jetzt kommt der Teil, der nichts für empfindliche Menschen ist: Hubert isst allerdings am liebsten die Hinterlassenschaften der Hühner und Enten in meinem Garten. Die sucht er mit seiner kleinen Hundenase und verschluckt sie schneller als man gucken kann. Und es ist sehr schwer, ihn davon abzuhalten, irgendeinen unbeobachteten Moment findet er immer.
Bei einem Spaziergang mit Hubert traf ich den örtlichen Förster. „Schöner Hund“, sagte er. „Womit ernährst Du ihn?“ Man muss dazu wissen, dass der Mann preisgekrönte Jagdhunde züchtet und sich mit der Welpenaufzucht bestens auskennt. „In erster Linie mit Hühner- und Entenkacke“, habe ich wahrheitsgemäß geantwortet. „Aber ich füttere auch noch ein bisschen Welpenfutter dazu.“ Er musste laut lachen und versicherte mir, dass das kleinen Hunden nicht schaden würde, was mich doch sehr beruhigte.
Inzwischen hat Hubert sein Ernährungsspektrum auch ausgeweitet: Pferdeäpfel kommen sehr gut an und auch Damwild-Ködel sind willkommene kleine Snacks – der Fachmann nennt das übrigens Losung, das klingt auch nicht so eklig. Als ich mit Hubert beim Impfen war, lobte meine Tierärztin den Hund und seinen guten Allgemein-Zustand; so falsch kann seine Ernährung also nicht sein. Und sie gab mir eine Wurmtablette mit, die sollte ich in irgendetwas einrollen, was er gern mag. „Sehr einfach“, meinte ich, „in drücke es in einen Hühnerhaufen – dann isst er es sofort!“ Meine Tierärztin musste zwar schmunzeln, war aber nicht weiter verwundert. Ganz im Gegenteil, sie zählte auf, was ihr junger Hund damals alles gegessen hätte, der war ganz scharf auf Kaninchen-Hinterlassenschaften. Und auch die Helferin konnte dazu noch einen sehr unappetitlichen Beitrag leisten, der mit Schafen zu tun hatte. Erstaunlich, was Tiere mit so empfindlicher Nase alles bereit sind, anzuschnüffeln und runterzuschlucken.
Aber – bei allen Empfindlichkeiten – es ist eine vorwiegend pflanzliche Zusatz-Nahrung. Sie ist in reicher Vielfalt in der Natur vorhanden und wird ständig nachproduziert. Meine Hühner zum Beispiel sind in der Hinsicht deutlich produktiver als bei der Eier-Herstellung. Man müsste das Ganze also nur noch sammeln, trocknen und in für den Menschen erträglicher Darreichungsform als Hundefutter anbieten. In diesen Überlegungen stecke ich gerade. Nur meiner Familie ist das wahnsinnig peinlich. Sowohl mein Mann als auch die Kinder sind absolut dagegen, dass ich in dieses Geschäft einsteige. Insofern werden Sie wahrscheinlich doch noch ein paar Kolumnen von mir lesen müssen.