Mein Landleben - Folge 3: Freiluft-Yoga

10. July 2012, Harriet Heise - Mein Landleben, Harriet Heise

 

Wenn Sie mit den Begriffen "herabschauender Hund", "Sonnengruß" und "friedlicher Krieger" etwas anfangen können, dann haben Sie sich mal mit Yoga beschäftigt. Ich mache das auch seit vielen Jahren mehr oder weniger regelmäßig. Als ich mich zu meinem ersten Yoga-Kurs angemeldet habe, hat meine Freundin angefangen zu lachen - und gemeint, dass ich für so etwas viel zu hibbelig sei und spätestens nach drei Stunden wieder aufhören würde. Schon um ihr zu beweisen, dass sie falsch liegt, buche ich seit Jahren einen Folgekurs nach dem anderen.

Obwohl es mir in der Tat manchmal nicht gelingt, meine Gedanken ganz im Sinne des Yoga nur auf mich und die Übungen zu richten. Bei so mancher Atemübung, bei der ich mich auf mein Sonnengeflecht konzentrieren sollte, habe ich in Gedanken die Einkaufsliste für den kommenden Tag aufgestellt. Und weniger an meine Chakren als an Milch, Hackfleisch und Haushaltspapier gedacht. Aber auch das ist eine Qualität des Yoga - wenn man diese Liste tiefenentspannt immer wiederholt, vergisst man im Supermarkt nichts.

Überhaupt erhoffe ich mir vom Yoga auch eher eine gewisse körperliche Geschmeidigkeit als die Verbindung mit kosmischer Energie. (Aber verraten Sie das bitte nicht meiner Yogalehrerin!). Die Vorstellung, mir auch im hohen Alter meine Socken selbst anziehen zu können, hat etwas sehr Charmantes. Und obwohl die Fähigkeit, mit meiner Nase im Stehen an die Knie zu gelangen, für mich bislang keinen echten praktischen Nutzen hat, kann ich damit zumindest immer wieder meine Kinder verblüffen.

Kenner des Yoga schwärmen ja auch immer wieder vom Üben in der freien Natur. Und das wollte ich jetzt auch ausprobieren. Die erste Schwierigkeit bestand allerdings darin, in meinem Garten eine geeignete Fläche zu finden. Denn auf der einzigen ebenen Stelle im Rasen stand schon das Trampolin der Jungs. Das habe ich mit viel Aufwand Richtung Garage gezogen und dann meine bequeme Schaffell-Matte ausgerollt. Leider bin dann noch einmal kurz ins Haus gegangen, weil das Telefon klingelte. Als ich zurück kam, lag der Hund lang ausgestreckt auf der Matte und knurrte wohlig. Danach war sie für mich nicht mehr zu gebrauchen - sie liegt mittlerweile im Hundekorb.

Also habe ich einen neuen Anlauf mit der Naturkautschuk-Matte genommen. Der erste Sonnengruß war auch eine wahre Wohltat - die Sonne schien, die Vögel zwitscherten. Aber dann hatten die Hühner mich entdeckt. Die laufen bei uns frei im Garten herum. Und da sie mich als Herrin über Weizen und Mais kennen, suchen sie meist meine Nähe. Und jetzt versuchen Sie sich bitte einmal vorzustellen, wie ich von sieben neugierigen Hühnern umringt auf meiner Matte lag. Der Hund und eine Katze hatten sich auch interessiert dazu gesetzt. Vielleicht verstehen Sie, dass es mir ausnehmend schwer fiel, mich ganz entspannt auf mich selbst und meine Asanas zu konzentrieren. Die Idee vom Freiluft-Yoga habe ich wieder aufgegeben.

Und ganz nebenbei - die Idee zu diesem Text kam mir auch beim Yoga. Und zwar bei der sogenannten "End-Entspannung" in meinem Kurs. Die eigentliche Aufgabe bestand darin, gedanklich durch die Fußsohlen einzuatmen. Da meine Füße da nicht mitgemacht haben, habe ich stattdessen mit dem Kopf über die nächste Kolumne nachgedacht. Sehr produktiv. Ein Hoch aufs Yoga.